Tereza Fischer über «Das Fräulein»

Andrea Štakas «Das Fräulein» ist sowohl ein eindrückliches Debüt als auch ein wichtiger Beitrag zum Schweizer Frauenfilm, da die Regisseurin facettenreich und konsequent vom Sich-Fremdfühlen in einem anderen Land aus weiblicher Sicht erzählt. Dabei setzt sie auf Empathie, wenn sie der Frage nachgeht, welche Folgen Emigration mit sich bringt. Sie verlässt sich bei ihrem komplexen Porträt von drei Frauen aus Ex-Jugoslawien, deren Wege sich in Zürich kreuzen, nicht nur auf hervorragende Schauspielerinnen, sondern übersetzt das Innere ihrer Figuren in atmosphärische Bilder. Dabei stellt sie mittels einer körperlich spürbaren Kamera Nähe zu den Figuren her: mit sinnlichen Detailaufnahmen und ungewöhnlichen Kameraperspektiven. Neben der spürbaren Sehnsucht nach Nähe und Wärme vermitteln sich Zerrissenheit, Entwurzelung und Einsamkeit, dies insbesondere in Aufnahmen der Stadt, die uns frösteln lassen, aber auch in den feinen visuellen Erschütterungen von Ordnung, einer schweizerischen Ordnung, die vor allem Ruža verinnerlicht hat. Die junge Ana dagegen kämpft mit forcierter Lebenslust gegen eine schwere Krankheit und Kriegstraumatisierung. Dies äusserst sich immer wieder in überraschenden Tempowechseln, die uns mitreissen und mitfühlen lassen, was die drei Frauen bewegt.