Cristina Trezzini über «War photographer»

“If your pictures aren’t good enough, you’re not close enough” (Robert Capa). Mit diesem Zitat beginnt Christian Freis hoch geschätzter Dokumentarfilm über den amerikanischen Kriegsfotografen James Nachtwey, mit dem der Regisseur 2002 für einen Oscar nominiert wurde.

James Nachtwey ist ein aussergewöhnlicher Reporter, der seine Fotos nach dem Credo von Robert Capa schiesst: Er hat die Kraft, dem Schrecken ins Gesicht zu sehen und mit ausdrucksstarken Fotos darüber zu erzählen. Sein Antrieb ist die moralische Dringlichkeit. «Wie kann man solche Bilder von Hass und apokalyptischem Leiden aushalten?» fragt im Dokumentarfilm die Journalistin Christiane Amanpour, eine Freundin Nachtweys.

Das Porträt von James Nachtwey, eines zurückhaltenden und schweigsamen Reporters, der so ganz anders ist als die klassische Vorstellung von einem Kriegsfotografen, ist eine Reflexion über die Macht der Bilder und die Ethik des Journalismus. Christian Frei begleitet den Fotografen zwei Jahre lang auf seiner Mission: im Schutt des Kosovo, in der extremen Armut von Jakarta, unter den Palästinensern von Ramallah und in den Schwefelminen auf Java. Eine Mikrokamera auf seinem speziell gebauten Fotoapparat lässt uns diese Momente erleben, als wären wir selber vor Ort – als müssten wir selber die Verantwortung für das Geschehen übernehmen, ohne die Möglichkeit zu fliehen.

Mit einer innovativen und absolut unkonventionellen Filmsprache gelingt Christian Frei ein überraschendes Porträt ohne moralisierende Kommentare.

«War Photographer» wurde mehrfach international ausgezeichnet und ist im Ausland einer der bekanntesten Schweizer Dokumentarfilme überhaupt.