«Im Nordwind»

Der Grosserfolg von «Die Herbstzeitlosen» (2006) hat den ersten Langfilm der Bernerin Bettina Oberli, der nur ein Jahr zuvor herausgekommen war, zweifellos etwas in den Schatten gestellt:  Zeugt doch «Im Nordwind» – ein choraler Film und die Chronik einer Familie in der Krise – bereits von der Bandbreite ihrer Handschrift, ihrem schonungslosen Blick auf die Ehe, ihrem Sinn für Rhythmus und subtile politische Aussagen.

Erwin, der seit 17 Jahren als Personalleiter angestellt war, wird sang- und klanglos gefeuert. Er verheimlicht seiner Frau die Entlassung, die den Traum vom Eigenheim nun alleine träumt und seiner Tochter, die mitten in einer Pubertätskrise steckt.

Drei einsame Menschen, die zusammenleben, ohne sich wirklich wahrzunehmen. Drei Menschen in Not, welche durch die Kameraeinstellungen noch verlorener wirken.

Draussen herrscht graues Wetter und dichter Verkehr. Die Bilderbuch-Schweiz mit ihren Seen, Bergen und Wäldern besteht nur als Dekoration an den Wänden der Wohnungen. Zwischen den Figuren gibt es weder Solidarität noch Zärtlichkeit: Das kapitalistische Denken reicht bis in die Familie hinein. Aber man schliesst die Figuren unweigerlich ins Herz – selbst wenn sie mit zynischen Trinksprüchen anstossen: «Vielleicht sehen wir uns ja mal in einer besseren Welt.»