Antoine Duplan über "Die letzte Chance"

1943 versuchen zwei Offiziere, ein Engländer und ein Amerikaner, aus Norditalien in die Schweiz zu kommen. Das Schelmenstück wird zur Tragödie, als sie in einer kleinen Pfarrgemeinde auf fünfzehn jüdische Flüchtlinge treffen, die die Hoffnung aufgegeben haben, den Pass  zu überqueren. Die Offiziere beschließen, die Migranten zu führen. Die Grenze zu überqueren, ist eine Bewährungsprobe, erst recht und nicht minder furchterregend ist es die Bürokratie: die Schweiz ist ein kleines Land und kann nicht alle Welt bei sich aufnehmen… Der 1902 in Wien geborene Leopold Lindtberg floh 1933 vor den Nazis nach Zürich. Dort drehte er Filme wie «Fusilier Wipf» oder «Marie-Louise». Mit «Die letzte Chance» hat er eine filmische Allegorie geschaffen, die von der Suche nach Heimat erzählt. Die großartige letzte Einstellung dieses humanistischen Manifestes zeigt, wie die kleine Gruppe von Flüchtlingen am Dorffriedhof vorbeizieht. «Millionen werden in Europa diesen Weg noch gehen», prophezeit ein Beobachter. Die Fragen, die «Die letzte Chance» aufwirft, der auf dem Festival von Cannes mit dem Grand Prix ausgezeichnet und ein weltweiter Erfolg wurde, bleiben aktuell.

Nicola Mazzi über «Die letzte Chance»

«Die letzte Chance» erzählt von der Flucht von drei jungen alliierten Soldaten über die Alpen in die Schweiz, in das gelobte Land. Gedreht wurde der Film in den letzten zwei Kriegsjahren – unter oft äusserst schwierigen und angespannten Bedingungen – von dem in Wien geborenen Regisseur Leopold Lindtberg. «Die letzte Chance» wurde ein grosser Erfolg bei Kritiker*innen und Publikum (1946 erhielt er den Grand Prix der Filmfestspiele von Cannes).

Der Film, der noch vor Roberto Rossellinis « Païsa » herauskam, ist ein Zeitdokument. Ein Zeitdokument, das dank der Meisterleistung des Regisseurs, gerade auch in Bezug auf den Übergang zum dramatischen Ton, in keiner Weise gealtert ist.

Lindtberg hat in «Die letzte Chance», bei dem zum Teil auch am Lago Maggiore gefilmt wurde, mit unbekannten Schauspielerinnen und Schauspielern sowie Laiendarstellern gedreht, die selbst den Krieg, die Verfolgung und die Flucht in die Schweiz erlebt haben und mit denen Lindtberg dank der Unterstützung der Alliierten-Botschaften in Kontakt kam. Alle Schauspieler*innen sprechen in ihrer Muttersprache: Das ist für die damalige Zeit eine grosse Neuerung – und zeigt, wie der Film den Neoliberalismus vorwegnimmt.